Haus Castelberg, Disentis/Mustér
In Disentis/Mustér besass die Familie von Castelberg mehrere Wohnsitze. Einer von diesen war das mitten an der Hauptverkehrsachse gelegene Haus Castelberg, welches bis ins 20. Jh. im Besitz der Familie verblieb. Das stattliche, im frühen 19. Jahrhundert erbaute Haus dürfte auf einen älteren Wohnbau aus dem späten 16. / frühen 17. Jahrhundert zurückgehen. Als Erbauer ist Landrichter Christian von Castelberg (– 1614) anzunehmen, Sohn des Ritters und Schlossbesitzer Sebastian von Castelberg (1540–1587). Ersterer hatte seinen Wohnort unterhalb des Klosters an der Durchgangstrasse, an dem Ort, an welchem das nachmalig erbaute und noch heute bestehende Haus Nr. 45 an der Via Sursilvana steht. Als am 22. Juni 1610 von der Alp Garatsches eine mächtige Rüfe ins Tal donnerte, wurde auch das Haus des Landrichters beschädigt.2 Noch grösseren Schaden erfuhr es jedoch am 6. Mai 1799 beim kriegerischen Einfall der Franzosen, bei dem das Haus mitsamt seiner Inneneinrichtung niederbrannte und sein Besitzer, Landrichter Johann Theodor von Castelberg (1748–1818) in französische Gefangenschaft geriet.2 Nach seiner Rückkehr aus Frankreich im Jahr 1800 dürfte er den Wiederaufbau des Hauses in Auftrag gegeben haben, möglicherweise unter Einbezug von Kellerräumen des Vorgängerbaus. Das heutige Erscheinungsbild des Hauses geht auf den Neubau dieser Zeit zurück.3
Abbildungen 1–2 (oben)
Der annährend quadratische Bau weist drei Geschosse mit Wohn- und Arbeitsräumen der herrschaftlichen Familie und eine Dachgeschoss-Etage für die Unterbringung des Dienstpersonals auf. Die geschweiften Giebel des Mansardendaches sind wohl durch Vorbilder aus Frankreich inspiriert. Das ursprünglich mit Brettschindeln gedeckte Gebäude, trägt heute ein Kupferdach. Das Kellergeschoss weist gewölbte Räume auf, die vermutlich vom 1799 zerstörten Vorgängerbau übernommen wurden. Das Erdgeschoss ist von der Strasse her durch drei Granitportale mit jeweils drei Treppenstufen erschlossen. Der Wappenstein über dem mittleren Portal mit dem Castelberg Wappen und den Initialen IvC – HGvC 1648, soll von einem Haus in Ilanz stammen und hier sekundär wieder eingebaut worden sein. Im ersten Obergeschoss, dem piano mobile, liegen die repräsentativen Räume des Gebäudes. Hervorzuheben sind die getäfelten Stuben mit den profilierten, spätbarocken Decken. Aus der Bauzeit des Hauses sind auch Wandschränke, Büffets, Türen, Parkettböden und Specksteinöfen von der qualitätvollen Innenausstattung erhalten. Zeugnisse jüngerer Generationen, beispielsweise das Allianzwappen von Maria Carmelia Philomena von Castelberg (1848–1912), der Grossnichte Johann Theodors und deren Ehemann Hans Rudolf von Hess, sind in verschiedenen Räumen anzutreffen. Das zweite Obergeschoss weist eine geringere Raumhöhe und eine weniger kostbare Raumausstattung auf. Hier dürften sich die Schlafgemache der adeligen Familie befunden haben.4
Abbildungen 3–6 (unten)
M.A. Yolanda Sereina Alther (*1982)
Studium der Mittelalter-, Prähistorischen und Klassischen Archäologie an der Universität Zürich.
Arbeitet als Bauforscherin beim Archäologischen Dienst Graubünden.
Fussnoten
1 Poeschel 1959, S.175–176.
2 Poeschel 1959, S. 371, 417.
3 Rutishauser 2005, S. 1–3.
4 Rutishauser 2005, S. 1–3.